Familienbande im Album

Familienbande im Album

Wie in jedem Jahr am Muttertag und am Vatertag werden viele Sammlerinnen und Sammler in besonderer Weise an ihre Eltern denken oder als Eltern bedacht werden. In unseren Kollektionen spiegeln sich die engen Familienbande aber nur selten. Wie wäre es, einmal ein persönliches Familienalbum anzulegen, das beide Perspektiven verbindet, das zur gemeinsamen Betrachtung und zu Gesprächen anregt? So kann ein Stammbaum entstehen, der auch die nächsten Generationen interessiert und die Familiengeschichte komprimiert lebendig werden lässt.

Die berühmte Doppelgenf auf einem von 17 Briefen einer Mutter an ihren Sohn im Internat – Gesamtwert heute: über eine Michel-Million (Corinphila, 25 000 Franken)!

Korrespondenzen

Dazu tragen ausgewählte Briefe und Karten von und an Mutter oder Vater bei, vielleicht von Reisen, an Festtagen und zu besonderen Ereignissen. Wer Glück hat, findet noch Korrespondenzen früherer Generationen von mütterlicher oder väterlicher Seite aus alten Zeiten; oder man erhält sie von anderen Familienmitgliedern, die ein solches Projekt unterstützen wollen.

Wohnorte und Wohnsitzwechsel lassen sich durch Ortsstempel dokumentieren. Wenn Familienzweige in andere Regionen führen, können Briefmarken-Ausgaben und Belege die einstigen Heimatgebiete illustrieren. Sind nur noch Schreiben ohne Umschläge erhalten, passen dazu Marken der Portostufe und Zeitperiode, die dafür als Frankatur infrage kamen. Auch Berufe, die in der Familie eine wichtige Rolle spielten, bringen Briefmarkenmotive zur Geltung. Wer rechtzeitig vorplant, kann vielleicht einmal eine personalisierte Briefmarke für seine Angehörigen in Auftrag geben.

Ein solches persönliches Album mit Erinnerungsstücken privater Social Philately, das im Familienbesitz bleiben soll, ist ohne größeren finanziellen Aufwand machbar. Das schließt nicht aus, höherwertige Exemplare der Phil­atelie als Glanzlichter einzugliedern. Teure Stücke sollte man erkennbar markieren oder durch Farbkopien vertreten lassen, damit sie nicht „untergehen“.

Millionenwerte Mutterliebe

Die wohl wertvollste Korrespondenz einer Mutter mit Briefmarken-Frankatur aus der klassischen Philatelie schrieb Madame Caroline Barrilliet aus Genf an ihren damals zehnjährigen Sohn François-Charles-Théodore Barrilliet (1834 – 1880). Im Zeitraum von Mai 1844 bis Februar 1845 schickte sie ihm fast jede Woche einen Brief ins Pensionat Naville in Vernier im Kanton Genf. Sie frankierte ihre Post mit den damals üblichen Briefmarken, die zur berühmten „Doppelgenf“ wurden. Der kleine Théodore Barrilliet ging später nach Paris, studierte Jura und wurde Richter.

Karte eines Kriegsgefangenen aus Kobe, Japan vom 27.XII.1919 nach Marlow: „Liebe Mutter! Heute sind wir den ersten Tag in FREIHEIT … Dein Sohn Karl“ (Heimkehrerpost, 250 Euro, Gert Müller).

1927 gelangte die spektakuläre Korrespondenz in Berlin auf den Markt. Sie besteht aus 17 heute bekannten Doppelgenf-Briefen; auch zwei Belege mit senkrecht zusammenhängenden Hälften sind registriert. Bei sechsstelligen Katalogpreisen pro Sendung hat die liebevolle Mutter einen phil­atelistischen Schatz mit Millionenwert geschaffen. Die Marktschätzung richtet sich nach Erhaltung, Markenschnitt und Besonderheiten.

Die 209. Corinphila-Auktion im Juni 2016 zeigte ein Bild des Pensionats Naville um 1845 zu einem solchen Doppelgenf-Brief mit roter Genfer Rosette aus „GENEVE 3 OCT. 44“ und erzielte 12?500 Franken Zuschlag. Das Doppelte brachte ein anderes Exemplar von „GENEVE 28 AOUT 44“, auch aus der Zeit nach der Reduktion des Verkaufspreises der damals unbeliebten Marke auf 8 Centimes. 44000 Franken gab es für eine waagerecht verkehrt geschnittene Doppelgenf auf Brief nach Vernier vom 29. Januar 1845. In der „Emerald Collection“ von David Feldman ist ein korrekt geschnittenes Exemplar vom 21. Februar 1845 aus dieser Korrespondenz vertreten. Eine aktuelle Schweizer Marktofferte setzt einen Brief der Madame Barrilliet vom 7. Dezember mit der Genfer Nr. 1 mit 33000 Franken an.

US-Präsident entwirft Muttertags-Marke

Die weltweit erste Sondermarke zum Muttertag kann sich noch jeder leisten, sowohl in üblich gezähnter Version als auch auf Ersttagsbriefen und selbst unperforiert geschnitten. Das dunkelviolette Querformat zu drei Cent, MiNr. 362, erschien am
2. Mai 1934 und spielte eine spannende Rolle in der amerikanischen Briefmarkengeschichte. Der Sammler Brian C. Baur erzählt davon in seinem Buch „Franklin D. Roosevelt and the Stamps of the United States 1933–45“, 1993 veröffentlicht von Linn’s Stamp News. Demnach wurde dieses Postwertzeichen im Grundkonzept von dem damaligen amerikanischen US-Präsidenten entworfen!

Erste US-Muttertags-Sondermarke: Das Konzept von Präsident Roosevelt, sorgte für Ärger.

Franklin D. Roosevelt, ein begeisterter Briefmarkensammler, erhielt eine Anfrage für eine Marke zum 100. Geburtstag des bedeutenden Künstlers James Abbott McNeill Whistler (1834 – 1895). Eine weitere Bitte erhielt er für eine Briefmarke zu Ehren der Mütter, um Karten und Briefe zum Muttertag zu verschicken.

Der Präsident hatte eine Idee: Er kombinierte die beiden Themen und zeichnete seinen Vorschlag für den Marken-Entwurf mit Bleistift auf Papier. Seine Skizze zeigte eine grobe Wiedergabe von Whistlers berühmtem Gemälde „Arrangement in Grau und Schwarz Nr. 1: Die Mutter des Künstlers“ von 1870 aus dem Pariser Musée d’Orsay. Das Konzept übergab er am 16. Februar 1934 an den Generalpostmeister James A. Farley. Victor McCloskey vollendete den Entwurf zum Druckstadium. Er reproduzierte Whistlers Gemälde der Dame sitzend im Profil, ergänzte links unten eine Vase mit Nelken und verwendete Roosevelts Inschrift (Zum Gedenken und zu Ehren der Mütter von Amerika), den Nennwert in Worten.

Donna Houseman berichtete zum Muttertag 2017 in Linn’s Stamp News, dass mehr als 193 Millionen Marken auf der Rotationspresse gedruckt wurden (MiNr. 362A / Scott 737, perforiert 11 x 10 ½), dazu über 15 Millionen auf der Flachdruckpresse (362B / 738, Zähnung 11). „Die Marke wurde am 2. Mai 1934 herausgegeben, aber wie es heute oft der Fall ist, wurde sie schon vor dem Ausgabedatum verkauft.“ So existieren Belege, die Vor-Ersttage dokumentieren.

Der erste unperforierte Druckbogen wurde Präsident Roosevelt überreicht, der zweite ging an die First Lady Eleanor Roosevelt. Andere Würdenträger erhielten ebenfalls solche Bogen. Doch als bekannt wurde, dass einer der Druckbogen der Scott Stamp & Co. zum Verkauf angeboten wurde, protestierten die Sammler. Um sie zu besänftigen, ordnete Generalpostmeister Farley an, Sonderdrucke von 20 USA-Ausgaben in Bogen ohne Gummierung und Zähnung herzustellen, die zum Nennwert zu haben waren. Die unperforierten Sonderdrucke der „Mothers of America“ MiNr. 362 BS / Scott 754 waren ab 15. März 1935 in Bogen zu 200 Stück im Angebot. Mit mehr als zwei Millionen verkauften Exemplaren blieben die Bestände groß genug, um bis heute günstigste Kurse zu ermöglichen.

Greg Daugherty setzte das Motiv auf Platz 1 der „11 umstrittensten Briefmarken in der Geschichte der USA“. Er berichtet, dass die American Artists Professional League sich in einem Telegramm an den Generalpostmeister beschwerte, dass die Briefmarke eine „Verstümmelung des Originalbildes des Künstlers darstelle und es dadurch eines Großteils seines Charmes beraube“. Man protestierte gegen die Formatänderung oder bemängelte die Blumenvase. Der Direktor des New Yorker Museum of Modern Art kommentierte, dass Whistler wütend wäre, wenn er das noch erlebt hätte.

Österreich-Trio

Preiswert sind auch die ersten Muttertags-Ausgaben Österreichs aus den 1930er-Jahren noch zu haben, wenn man sich auf die postfrischen oder ge­stempelten Normalstücke beschränkt. Zum Trio mit Nennwert von jeweils 24 Groschen in Auflage von zwei Millionen gehören:

  • MiNr. 597 vom 1. Mai 1935;
  • MiNr. 627 vom 5. Mai 1936;
  • MiNr. 638 vom 5. Mai 1937.

Die Erste zeichnet sich durch einen besonders fein ausgeführten Stichtiefdruck auf Faserpapier aus, den Hans Ranzoni der Jüngere (1896 – 1991) nach dem Gemälde „Mutterliebe“ (Die Gattin des Künstlers mit Kind, 1839) von Josef Danhauser schuf. Das Original hängt im Wiener Schloss Belvedere. Die Ausgabe „Muttertag 1936“ im violettblauen Rastertiefdruck ist durch das Gemäldemotiv „Maria mit dem Kinde“ von Albrecht Dürer für viele besonders interessant.

Kostspielig sind Probedrucke, ungezähnte Stücke und Abarten dieser Ausgaben. 500 bis 600 Euro verbucht der Michel-Spezialband für Teilzähnungen der MiNr. 597 Udr bis Uw. Ein ungezähntes Randstück meldete H.D. Rauch 2021 mit 280 Euro Zuschlag; 260 erzielte das geschnittene Dürer-Gemälde 627 U. Die rechts ungezähnte 627 Ur notiert Michel zu 2200.

Unterrepräsentierte Väter

Vatertag-Motive sind erst seit Jordaniens Satz von 1973 registriert (Michel-Online-Katalog).

In jüngeren Jahrzehnten kamen Briefmarken zum Muttertag international in zunehmender Zahl in Umlauf. Laut Michel-OnlineKatalog sind es aktuell 137 Ausgaben von Afghanistan bis zur Zentralafrikanischen Republik. Darunter interessante Motive, die sich mit Traditionen und Perspektiven der Rolle als Mutter auseinandersetzen.

Die „Herren der Schöpfung“ sind nur selten in der Vaterrolle zu Ehrentagen philatelistisch gewürdigt worden. Lediglich acht Briefmarkensätze werden bisher zum Vatertag gelistet. Jordanien begann den Reigen am 20. April 1973 mit drei Vätern und Kindern auf MiNr. 863–865. Gambia brachte 1991 Hummel-Porzellanfiguren „Vatertag“ auf MiNr. 1256 und Block 132. Taiwan zeigte 1999, wie Kinder Papa ein Geschenk bringen (2542) und wie er das Radfahren lehrt (2543). Gleichrangig bedachten die Niederländischen Antillen Väter und Mütter 2000 mit Grußmarken (MiNr. 1051–52), ebenso Litauen 2013 mit Kinderzeichnungen. Jüngere Vatertags-Marken kamen 2014 aus dem Libanon, 2015 aus der Volksrepublik China und 2019 aus Lettland. Noch stehen die Chancen gut für eine komplette Kollektion!

Michael Burzan


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Authored by: BMS-Redaktion

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