Briefmarke der Woche: Menschenrechte aus Persien
Die israelische Briefmarke erschien zwar bereits am 14. April, dennoch wollen wir das antike Motiv mit politischem Nachhall etwas genauer betrachten. Auf der Marke ist die Proklamation des achämenidischen Königs Kyros des Großen, angefertigt auf einem Tonzylinder in akkadischer Keilschrift abgebildet. Kyros der Große, auch als Kyros II. bekannt, hatte sein enorm großes Reich von etwa 559 bis 530 vor Christus in der geographischen Region des heutigen Iran zu verorten, und noch weit darüber hinaus. Es ranken sich zahlreiche Legenden um den Perserkönig aber es gibt auch Keilschriften aus jener Zeit, die von historischen Taten berichten.
So wie der abgebildete Tonzylinder, welchen Kyros anfertigen ließ, um ein paar Dinge klarzustellen. Zuvorderst lässt sich der Zylinder wie ein Rechenschaftsbericht lesen, in dem Kyros seine gewaltsame Thronbesteigung mit göttlicher Fügung und Bestimmung erklärt. Ebenfalls aufgrund göttlicher Hilfe und Weisung sind seiner Ansicht nach die militärischen Expansionsbestrebungen zu sehen, so auch die Niederschlagung des neubabylonische Königreichs unter dessen letztem König Nabonid. Nabonids Vorgänger Nebukadnezar II. hatte um 586 vor Christus Jerusalem erobert, den Tempel zerstört und die Juden ins Exil geschickt.
Deren Exil endete mit dem Einmarsch von Kyros. Er ließ den Tempel neu errichten, befreite die Sklaven, erklärte, dass alle Menschen das Recht haben, ihre eigene Religion zu wählen, und stellte Rassengleichheit her. Die Juden konnten wieder unbehelligt ihrem Glauben nachkommen und nach Judah zurückkehren. Auch dies ließ Kyros in das antike Tongefäß eingravieren.
Heute ist diese antike Aufzeichnung als Kyros-Zylinder bekannt und die entsprechenden Zeilen darauf als weltweit erste Charta der Menschenrechte anerkannt. Sie ist in alle sechs offiziellen Sprachen der Vereinten Nationen übersetzt worden und ihre Bestimmungen entsprechen den ersten vier Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Und damit auch alle diese Grundpfeiler unserer menschlichen Zivilisation sich nochmals im Hinblick auf kommende politische, militärische, rechtliche oder sonst wie ausgerichtete Entscheidungen in Erinnerung rufen können, seien sie hier nochmals kurz aufgeführt:
Artikel 1
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 2
Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Des Weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.
Artikel 3
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
Artikel 4
Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.
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