Das Pferd im Ortsnamen

Das Pferd im Ortsnamen

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Cavallo: Name von Insel und Kap in Algerien, heute ohne Postleitzahl.

Pferde besitzen in der Geschichte der Menschheit eine sehr große Bedeutung. Schon vor rund 5000 Jahren begann der Mensch, Wildpferde zu zähmen. Pferde wurden als Reit- und Zugpferde eingesetzt, sie waren aber auch Lieferanten für Leder und Fleisch. Gleichzeitig förderte das Pferd als Reit- und Transportmittel die Verbreitung von Kulturtechniken und Handelsgütern. So ist es nicht erstaunlich, dass sich der Name des Pferdes auch in zahlreichen Ortsnamen niederschlägt.

Es gibt weltweit mehrere Hundert Ortsnamen, in welchen wir die Bezeichnung Pferd direkt oder indirekt vorfinden, wobei es sich auch um fremdsprachige Begriffe handelt. Zusätzlich gibt es Ortschaften, die im Wappen ein Pferd führen – zum Teil ohne ersichtlichen Bezug zu einem Pferd und manchmal auf falscher Deutung des Ortsnamens beruhend.

Die Dokumentation „Ortsnamen rund um das Pferd“ (Schriftenreihe des Schweizerischen Motivsammler-Vereins, IBSN 978-3-907034-38-5, www.thema-briefmarken.ch) berichtet detailliert. Einige einschlägige Pferdenamen werden hier vorgestellt.
Naheliegend sind die deutschen Grundwörter:

  • Pferd, Ross, Esel, Stute, Hengst, Fohlen, Reiter, Stall, Gestüt

Zugänglich sind uns auch romanische und englische Begriffe:

  • caballo, cavallo, cheval, horse, mule, groom, knight

Vermutlich finden sich auch in anderen Sprachgebieten einschlägige Ortsnamen, vielleicht gibt es Hinweise aus dem Leserkreis? Dazu lediglich vier weitere Sprachbeispiele:

  • Polnisch: kon (Pferd), osiol (Esel)
  • Ungarisch: ló (Pferd), szamar (Esel)
  • Schwedisch: häst (Pferd), dsna (Esel)
  • Finnisch: hevonen (Pferd), aasi (Esel)
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Le Pin au Haras: Pferdekopf als Symbol des Ortsnamens.

Verschiedene Benennungen

In einer ersten kleinen Gruppe von Ortsnamen finden wir ein Pferd oder analoge Bezeichnungen in einer Fremdsprache ohne jeglichen Zusatz:

  • Cavallo, Caballo, Cavallino, Wild Horse, Hafling, Schimmel, Mustang, Pony

Eine zweite Gruppe verbindet den Ausdruck Pferd mit unterschiedlichen Örtlichkeiten, das heißt, mit einem Flurnamen oder einer Siedlung:

  • Horse cave, Horse cove, Horse creek, Rossberg, Rosstal, Pferdsbach, Pferdsdorf, Pferdsfeld, Rosswald, Bad Rappenau

Eine weitere Gruppe weist auf Farbe oder Charakter eines Pferdes hin:

  • Caballo blanco, Cheval blanc, White Horse, Blackhorse, Gray horse, Caballo rucio (graues Pferd), Spotted horse (gefleckt), Black horse drove (Herde schwarzer Pferde)

In der folgenden Gruppe findet sich ein Hinweis auf Pferdegliedmaßen wie Kopf, Hals, Huf, Bein:

  • Horse head, Horse heads, Horse shoe, Horseneck, Horseshoe bay, Horseshoe bend, Horseshoe bottom, Horseshoe lake, Muleshoe, Piedicavallo

Neben den primären Pferdenamen finden wir auch Ortsnamen, die sich auf Esel und Maultiere beziehen:

  • Eselsberg, Eselsfürth, Asinara (Esel), Aizenay (Esel), Mule Creek (Maultier)

Andere Ortschaften besitzen im Namen einen indirekten Bezug zum Pferd, zum Beispiel mit Hinweis auf einen Reiter oder Ritter, auf ein Gestüt, auf einen Stall. Hier stehen fremdsprachige Nennungen im Vordergrund:

  • Groom (Pferdeknecht), Groombridge, Groom Creek, Groomsport, Caballeros, Ejea de los caballeros, Le Pin au Haras, Hoppegarten, Horseman

Schließlich sind auch Ortschaften zu erwähnen, bei welchen zwar im Ortsnamen kein Hinweis zu einem Pferd zu erkennen ist, die aber aus unterschiedlichen Gründen im Gemeindewappen ein Pferd oder einen Pferdekopf führen:

  • Bothel, Dottikon, Harsewinkel, Simonswald

Außergewöhnliche Orte

Nachstehend werden ein paar weitere Ortsnamen vorgestellt, die einen interessanten Bezug zum Pferd besitzen.

Bagnocavallo: Das „Pferdebad“ würde wohl eine Pferdeschwemme bezeichnen. Nach einer Legende jedoch soll das hier das Schlachtross von Kaiser Tiberius von einer heilkräftigen Quelle geheilt worden sein.

Bay Horse: Hier handelt es sich um eine 1877 gegründete Ghost Town (verlassene Ortschaft) in Custer County, Idaho, USA. Die Übersetzung des Wortes „bay“ ließe falsche Schlüsse ziehen: Bucht oder Lorbeerbaum, doch geht es hier wohl um eine Bezeichnung für die Farbe braun. 1864 fand hier ein Mann, dessen Name unbekannt ist, Gold. Er war aber Besitzer von zwei braunen Pferden, was wohl zum Ortsnamen führte?

Cavaglia: Der Name der italienischen Ortschaft leitet sich ab von lateinisch caballus = Gaul, der Name einer gleichnamigen Ortschaft in der Schweiz geht aber auf lateinisch cavare = aushöhlen zurück.

Kavalla (Cavalla) in der Türkei kommt von der italienischen Bezeichnung für Stute. Hier gab es einst eine wichtige Poststation, wo die Pferde gewechselt wurden.

Eslarn: Der Ursprung ist mittelhochdeutsch und bedeutet „bei den Eseltreibern“.

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Hungry Horse: Das Stempelbild erklärt den Namen.

Vorsicht vor Fehldeutungen

Fohlen: Gerne würde man junge Pferde mit einem Ortsstempel dokumentieren, aber zwei vermeintliche Belege sind falsch: Die Ortschaft Fohl im Deutschen Reich kam nach dem Versailler Vertrag zu Dänemark und heißt nun Fole Sogn, ein Bezug zum Pferd ist nicht nachweisbar. Fohlendorf im Distrikt Gmina Skoki, Polen, heißt heute Pawlowo Skoockie, wohl mit Bezug auf den Personennamen Paul. Ebenso wenig hat die Ortschaft Fuhlendorf in Vorpommern etwas mit einem Pferd zu tun. In der Schweiz liegt die Gemeinde CH-4414 Füllinsdorf, die ein Pferd im Wappen führt, basierend auf einer volksetymologischen Deutung. In Wirklichkeit geht der Ortsname auf einen lateinischen Personennamen zurück: Firinisvilla, Landgut des Verinius.

Hafling: Italienisch Avelengo. Der Ort war Namensgeber für die Haflinger-Pferde, bezeichnete ursprünglich jedoch einen Hof.

Hengsberg: Hier vermutet man einen Hengst, wie im Wappen geführt, aber der Ort hieß einst Heinrichsberg. Auch Hengstbach, Hengstdijk, Hengstberg besitzen Pferdewappen ohne historischen Bezug zu einem Pferd.

Horse: Zahlreiche Ortschaften enthalten das englische Wort „horse“ für Pferd: Horse Heaven, Horsehead, Horseman, Horse­shoe, und in diesen Ortschaften wurden auch passende „Fancy Cancels“ (Fantasiestempel) verwendet.

Horsefly: In Horsefly finden wir den Namen der Pferdebremse (Insekt), Tabanus sudeticus.

Magnacavallo: Gemeinde in der Provinz Mantua, Lombardei, Italien. Der Ortsname leitet sich von großen Höhlen im Tal ab (magna cava in vallo). Scherzhaft wird der Ort auch „mangio cavallo“ genannt, also Pferdefresser.

Mule Creek: „Mule“ ist das englische Wort für Maulesel oder Maultier, also für eine Kreuzung zwischen Pferd und Esel. Neben dem Fluss (Mule Creek) finden wir auch Mule Shoe (Hufeisen). Berühmt geworden ist unter dem Namen „Kicking Mule“ ein sogenannter Fancy Cancel, also ein Stempelabdruck in Form eines Maulesels, der um 1880 in Port Ludlow und in Port Townsend im amerikanischen Bundesstaat Washington verwendet wurde, aber leider ohne direkten Bezug zum Ortsnamen.

Mustang: In Texas weist eine Ortschaft auf wild lebende Pferde oder auf die Mustang-Traube hin, wogegen wohl die Ortschaft Mustang in Nepal keinen Bezug zu einem Pferd besitzen dürfte.

Piedimulera: Wenn wir schon von Maultieren sprechen, soll auch die italienische Ortschaft Piedimulera am Fuße des Monte Mulera erwähnt werden. Von hier führte ein antiker Maultierpfad („mulattiera“) über das Anzasacatal nach Macugnaga. Im Ortsnamen finden wir die Bezeichnung „piedi“ ,sprich Füße, und den Hinweis auf den Berg. Der Bezug zum Maultier (mulo, mula) ist also auch nur indirekt.

Ross: Zahlreiche Ortschaften in den Vereinigten Staaten führen „Ross“ im Namen. Zugrunde liegt wohl eher ein Familienname als die deutsche Bezeichnung für Pferd. Auch deutsche Namen wie Rossdorf beziehen sich meist nicht auf das Pferd, auch wenn es im Ortswappen erscheint.

Rosstrappe: Nur mit dem Briefkastenstempel lässt sich die schöne Geschichte um die Rosstrappe beim Hexentanzplatz über dem Bodetal im Harz (Sachsen-Anhalt) belegen.

Wild Horse: Auch hier gibt es einen Fancy Cancel, verwendet 1933/34. Hier soll es wilde Pferde (Mustangs) gegeben haben.

Ausblick

Die vorliegenden Beispiele zeigen, dass nicht alles Pferd ist, was danach aussieht. Wer sich mit Ortsnamen allgemein befasst, den stört dies kaum. Ob der Pferdeliebhaber oder der Pferdemotivsammler auch die als falsch zu deutenden Begriffe berücksichtigen will, muss er allein entscheiden. Es gibt bestimmt noch weitere fragwürdige Ortsnamen, die Suche kann spannend sein.

Text: Ernst Schlunegger


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Authored by: BMS-Redaktion

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