1918: Waffenstillstand Erster Weltkrieg
Am 11. November 1918, um 11 Uhr morgens französischer Zeit, endete der Erste Weltkrieg mit der Unterzeichnung des Waffenstillstands in einem Salonwagen im Wald bei Compiègne. Seit seinem Beginn 1914 hatte er weltweit geschätzte zehn Millionen Opfer unter den Kämpfenden gefordert. Dazu kamen doppelt so viele Verwundete.
Die Stimmung, die unter vielen deutschen Soldaten im Herbst 1918 an der Front herrschte, zeigt ein Brief, den der Vizefeldwebel und spätere sozialdemokratische Reichsjustizminister Gustav Radbruch seiner Frau Lydia am 7. Oktober 1918 von der französischen Front schrieb: „Die Stimmung steht auf Frieden um jeden Preis und wird sich wohl auch durch die ungünstigsten Bedingungen nicht mehr aufpeitschen lassen. Die Ansicht ist überall: Jede Stunde kann den Waffenstillstand bringen. Die Bedingungen werden vermutlich furchtbar werden (Entschädigung für alles!), aber wir werden jetzt kaum mehr anders können. Weitere Kämpfe und Verluste vor dem Waffenstillstand bleiben unseren Leuten hoffentlich erspart.“
Bereits fünf Tage zuvor, am 2. Oktober, hatte der Major Erich von dem Bussche-Ippenburg vor den Fraktionsführern des Reichstages die Aussichtslosigkeit der deutschen Lage erklärt und deutlich gemacht, „daß nach menschlichem Ermessen keine Aussicht mehr besteht, dem Feinde den Frieden aufzuzwingen“. Nicht nur habe man den gegnerischen Tanks nichts entgegenzusetzen, auch die „Menschenreserve“ sei verbraucht, selbst wenn der letzte mögliche Jahrgang von 1900 im Herbst noch einberufen würde.
Die Fraktionsführer waren bestürzt. Vor allem aber waren sie überrascht. Denn vom 11. November 1918 aus betrachtet, erscheint der Sieg der Alliierten zwar als fast zwangsläufige Ergebnis einer Kette schwer erkämpfter Erfolge. Aus der Sicht zeitgenössischer Beobachter, die zu Beginn des Jahres 1918 in die Zukunft schauen wollten, war dieser Sieg aber keineswegs klar, wie der Historiker Michael Erpkenhans in seinem Grundlagenbuch „Der Erste Weltkrieg“ schreibt. Nach dem Teilfrieden mit Russland am 3. März 1918 in Brest-Litowsk und dem bereits im Februar geschlossenen Frieden mit der Ukraine war der Zwei-Fronten-Krieg für das Deutsche Reich im Osten beendet. Die Konzentration der Kräfte auf die Front im Westen war nun möglich. Ziel der Obersten Heeresleitung war ein Siegfrieden. Endlich sollte Bewegung in den festgefahrenen Stellungskrieg kommen.
General Erich Ludendorff verfügte nach der russischen Niederlage an der Front im Westen zumindest temporär über eine zahlenmäßig größere Armee als seine Gegner. Auch wenn die Kopfstärke deutscher Divisionen geringer war als die der Alliierten, standen 191 deutschen nur 175 alliierte Divisionen gegenüber. Mit geschicktem Agieren und neuen Angriffsverfahren sowie unbedingtem Kampfeswillen, der von den preußischen Militärs immer wieder betont wurde, sollten Defizite ausgeglichen werden.
Siegfrieden wird angestrebt
Einen politischen Frieden lehnte Ludendorff zu dem Zeitpunkt ab. Im Februar 1918 antwortete er auf eine Eingabe besorgter Politiker, Intellektueller und Unternehmer wie Robert Bosch: „Nur Handeln bringt Erfolg.“ Außerdem würden sich die deutschen Soldaten freuen, aus dem Stellungskrieg herauszukommen. Mit dieser Sichtweise setzte sich Ludendorff schließlich durch, und das sogar gegen die Bedenken vor allem bayerischer Armeeführer, die seit Jahren im Westen festsaßen und die Lage daher gut beurteilen konnten. Der deutsche Kaiser, nominell der eigentliche Oberbefehlshaber der Streitkräfte, vertraute voll und ganz auf den militärischen Sachverstand seiner dritten Obersten Heeresleitung (OHL). Deutschland, so haben es die Historiker später herausgearbeitet, trug zu dieser Zeit Züge einer Militärdiktatur. [..]
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