Briefmarke der Woche: Kommt ein Vogel geflogen
Wenn die Witterung im Herbst etwas kälter wird, brechen sie in Scharen gen Süden auf. Erst im Frühling kommen sie wieder in hiesige Breiten zurück. Das gute Wetter genießen die Störche nicht zum Wohlfühlen, sondern zum Überleben. Dabei geht es um die winterliche Nahrungsknappheit, die die weite Reise der Weißstörche von Europa nach Afrika erfordert.
Den Zug der Weißstörche über Europa zeigen zwei neue Briefmarken. Am 13. September erscheint eine Gemeinschaftsausgabe der israelischen und bulgarischen Post über den Zug aus der Vogelperspektive. Sie erscheinen im Wert 5.00 NIS mit TAB.
Bulgarien ist für die Störche auf ihrem Zug nach Süden dabei ein Knotenpunkt: Gleich acht unterschiedliche Routen führen über das Land. In Israel werden die vorbeizeihenden Vögel regelrecht gefeiert. Ornithologen aus aller Welt kommen zur Zugzeit dorthin, um die Schwärme zu erforschen und zu fotografieren.
Um die gewaltige Entfernung von Europa nach Afrika und wieder zurück zu schaffen, nutzen die Störche die Thermik und legen die Strecke im energiesparenden Segelflug zurück. Wenn die Sonne die Erde erwärmt und die Wärme an die bodennahe Luft abgegeben hat, entstehen warme Aufwinde. Die Störche gewinnen dadurch an Höhe und gleiten zum Fuß der nächsten Thermik, die sie erneut kräftesparend in die Höhe schraubt.
Diese Winde entstehen allerdings in ausreichender Stärke nur über großen Landflächen. Deswegen führt die Reiseroute der Zugvögel meistens über Land. Die Ostroute verläuft über Polen, die Slowakei, Ungarn, Bulgarien, den Bosporus in der Türkei, Israel und Ägypten bis in den Sudan. Von Tansania führt sie manche Störche sogar bis nach Südafrika.
Beliebte Ostroute
Die Westroute geht über die schmale Mittelmeerenge von Gibraltar und die Sahara. Sie führt vor allem Störche aus Süddeutschland, der Schweiz, Frankreich und Spanien in die westafrikanische Sahelzone zwischen Senegal und Tschad. Während der vergangenen Zeit wurde allerdings auch beobachtet, dass immer mehr Störchen die Reise bis nach Spanien reichte und sie dort überwinterten – vorzugsweise auf Mülldeponien, weil sie dort ausreichend Nahrung finden.
Die Ostroute ist bei den großen Vögeln allerdings besonders beliebt. Rund 75 Prozent wählen sie, um nach Süden zu kommen. Das sind etwa 500.000 Störche. Die Türkei spielt dabei für die Reisenden eine ganz besondere Rolle: Wegen der guten Nahrungsmöglichkeiten rasten die Störche dort, um sich für die nächste Etappe zu stärken. Da passt es, dass der Storch dort seine Ruhe hat und bei der islamischen Bevölkerung als so genannter „Mekka-Pilger“ einen ganz besonderen Schutz genießt.
Zwei bis vier Monate sind sie unterwegs und legen durchschnittlich 150 bis 300 Kilometer pro Tag zurück. Die großen Vogelscharen sind manchmal sogar eine Gefahr für den Luftverkehr – immer wieder kommt es zu Kollisionen zwischen Flugzeugen und Störchen.
Vor allem in Bulgarien werden die Störche jedes Frühjahr sehnlich mit einem kleinen Brauch erwartet. Viele Bulgaren tragen über den Winter ein besonderes Armband, ein so genanntes Martenitza. Das legen sie ab, sobald sie ein Frühlingszeichen wie einen Storch gesehen haben. Dann hängen sie das Armband an einen Strauch oder legen es unter einen Stein und wünschen sich etwas Schönes.
Mitteleuropa 2022 (E 2)
ISBN: 978-3-95402-382-0
Preis: 54,00 €
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