Marke der Woche: Brautkleid rot-weiß
„Zwei Vögel wollten Hochzeit feiern, in dem grünen Walde…“, so beginnt ein beliebtes deutsches Volkslied. Und schon entspinnt sich vor dem inneren Auge des Hörers ein Defilee an Gestalten, die alle ihren speziellen Beitrag zur Vermählung beitragen. Übersetzte man dieses Lied ins Chinesische, würde es seinen lustigen Klang behalten, allein der Inhalt würde eventuell für Verwunderung bzw. Neugier sorgen. Denn die Übertragung der menschlichen Gebräuche auf das Tierreich ist insofern unvollständig, als sie nur unsere hier bekannten Verhaltensweisen kopiert. Der Hochzeitssitten gibt es jedoch unendlich viele, und in China sehen die Brautleute sich mit gänzlich unterschiedlichen Verhaltensweisen konfrontiert.
Betrachtet man unsere heutige „Marke der Woche“ – sie stammt aus Hongkong und erscheint am 23. Juli – so fällt einem als Erstes die Farbgebung der beiden Hochzeitspaare auf. Wird bei uns gern „ganz in Weiß“ und männlicherseits mit schwarzem Anzug getraut, steht die Zeremonie im fernen Osten ganz im Zeichen der Farbe Rot. Das hat nichts mit der kommunistischen Ideologie zu tun, bzw. nur ganz am Rande. Denn Rot ist in China die Farbe des Glücks. Traditionell wird also in Rot gefeiert, wenn man dann noch die Chance hat, seine politische Ideologie mit dieser Farbe zu tünchen, ist das natürlich ein schöner Marketingtrick.Weiß steht für uns christlich geprägten Europäer für die Reinheit und suggeriert somit die Jungfräulichkeit der Braut. „Hochzeiten mit Rückenwind“, bei denen sich also das Kleid der Braut ganz mächtig nach vorn wölbt, können Zweifel wecken, aber das sind lässliche Winkelzüge. Eine königliche Kommission soll 1868 in Schottland festgestellt haben, dass neun von zehn Frauen bei der Trauung schwanger gewesen sein sollen. Und Schottland gibt es immer noch. Na also.
In vielen Kulturen verlaufen die einleitenden Schritte einer Hochzeit ähnlich. Stets geht es um die Verbindung zweier Familien, folglich wird auch die Familie in die Anbahnung und Planung einbezogen. Hierzulande musste einst der Bräutigam beim Vater – also dem Familienoberhaupt – um die Hand anhalten. In China wird dieses Verfahren ganz offiziell schriftlich abgeschlossen. In einem Bestätigungsbrief wird zunächst die Absicht der Heirat manifestiert. Die Brauteltern antworten mit einem „Geschenkbrief“, in dem festgehalten wird, welche Mitgift die Dame mit in die Ehe bringen wird. Am Hochzeitstag selbst schließlich gibt es noch den „Hochzeitsbrief“, in dem offiziell die Annahme des Partners bestätigt wird. Die Hochzeitsnacht hingegen wird vermutlich nicht anders ablaufen als heutzutage in Europa. Früher sah das hingegen ganz anders aus, das musste etwa bei den dänischen Wikingern die Ehe vor versammelter Gästeschar vollzogen werden, um zu beweisen, dass der Mann auch in der Lage ist, Nachkommen zu zeugen… So kann die Moderne auch ein Segen sein.
Eine Schwäche hat die Markenausgabe allerdings, und damit können wir an unsere einleitenden Sätze anknüpfen. Weder in Ost noch in West gibt es wirklich einheitliche Bräuche. Insofern ist diese Sondermarken-Ausgabe eine hübsche Motivgabe für Hochzeitssammler, allzugroß ist der Aussagewert hingegen nicht.
Schweiz-Spezial 2021/2022
ISBN: 978-3-95402-373-8
Preis: 72,00 €
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